Ein kleiner Sieg für den Mittelstand

Unfälle, bei denen Personen schwer verletzt werden, führen oft zu einem hohen Schaden. Die Klärung der Haftungsfrage bedeutet für die Betroffenen vielfach eine wirtschaftlich und gesundheitlich existenzielle Herausforderung. Für Geschädigte aus dem Mittelstand ohne Aussicht auf unentgeltliche Rechtspflege war die Klage über 30'000.- Franken im vereinfachten Verfahren die einzige Möglichkeit, die Frage der Haftung zu klären. Das Bundesgericht  hat mit seinem Entscheid BGE 143 III 506 dieser Möglichkeit ein Ende gesetzt. Es hat den Versicherungskonzernen die Türe geöffnet, mit einer negativen Feststellungswiderklage den Streitwert und das damit verbundene Kostenrisiko für die Geschädigten um den Faktor zehn bis hundert zu vervielfachen und Kläger damit in den potenziellen Ruin zu treiben. Diese Rechtsprechung wollte der Bundesrat mit der jüngsten Revision der Zivilprozessordnung zum Gesetz erheben und zwar ohne weitere Interessenabwägung. Dank dem Einsatz der Rechtsberatungsstelle UP und von Versicherte Schweiz ist es gelungen, das Schlimmste zu verhindern. Den Versicherungen ist es zwar zukünftig gesetzlich erlaubt, die negative Feststellungswiderklage in jedem Fall zu erheben (Art. 224 Abs. 1bis ZPO). Als Korrektiv werden aber in Art. 94 Abs. 3 ZPO sowohl Gerichtskosten als auch Parteientschädigungen auf den Streitwert der Teilklage begrenzt. Das ermöglicht dem Mittelstand wieder zu prozessieren. Die Spiesse bleiben dennoch deutlich ungleich lang. Denn auch beim Obsiegen in einem solchen Prozess bleiben die Kläger zu einem grossen Teil auf ihren Anwaltskosten sitzen. Die Lösung des Problems wäre die Zulassung einer Feststellungsklage zur Klärung der Haftung bei Personenschäden. Die Revisionsbestimmungen treten voraussichtlich am 1. Januar 2025 in Kraft.